Am Tag des offenen Denkmals lenkte ich meine Schritte zum wichtigsten Denkmal unseres Dorfes: zur St. Bonifatius-Kirche, zu unser „Thüringer Laterne.“ Vor mehr als 1400 Jahren schritten unsere germanischen Vorfahren, die Thoringer, von ihren Hütten, ihrem Weiler am Fluss hinauf zum über 180m hohen Berg. Es galt, ihre Fruchtbarkeitsgöttin Nert (Nertus) zu ehren. Jedes Jahr im Frühjahr zogen die Bewohner mit ihrem Standbild auf einem Wagen durch die Flur und machten Lärmtum die Geister zu verscheuchen, damit es eine gute Ernte wird.
Nach der Zerstörung des Thüringer Königreiches kamen Missionare aus dem christlichen Frankenreich und bekehrten die Männer, Frauen und Kinder zum christlichen Glauben. Dabei wurde die heidnische Stätte zerstört und sicher an ihr ein Kreuz, eine Gottesstätte errichtet. Archäologen ermittelten 1998, dass hier seit dem 9. Jahrhundert mehrere Vorkirchen gestanden haben, die immer größer gebaut wurden, aber sicher den Unbilden des Wetters nicht standhielten, bis 1733 eine stabilere Kirche entstand. Aber „menschliche Blitze“ machten sie 1996 zur Ruine. Dabei blieb der Kirchturm im unteren Teil im Wesentlichen heil. Der Turm ist der älteste erhaltene Teil der Kirche. Er diente bestimmt der mächtigen Stadt Erfurt, zu der unser Ort im 13. bis 15. Jh. gehörte, als Wachturm, um anrückende Feinde zu melden. Beim Erklettern des Turmes im Innern sieht man, wie wehrhaft der Turm ist mit seinen ein Meter dicken Quadersteinen, ebenso die kleinen Ausgucke, wie Schießscharten. Die damaligen Katholiken aus der weiten Umgebung nutzten die Gottesstätte zu Wallfahrten, um beim heiligen Bonifatius Ablässe (für ihre Sünden) zu kaufen. Hoch oben hängen im Glockenstuhl drei neue Glocken, die früheren sind entweder zersprungen, verkauft oder eingeschmolzen worden. Die Glocken in allen Zeiten hatten die Aufgaben, die Gläubigen zu Gottesdiensten zu rufen, an das Ableben von Bürgern zu erinnern und Feuersbrünste und andere Katastrophen anzukündigen - nur am 19.10.1996 konnten sie es nicht mehr.
Aber sie ertönten auch als Friedensglocken, so am 19.8.1650 als der 30-jährige Krieg beendet und die Überlebenden und die Rückkehrer ihrer friedlichen Arbeit nachgehen konnten. 1816 läuteten die Glocken das Friedensfest ein - Ende der napoleonischen Kriege. Fast 100 Jahre währte die friedliche Zeit, bis in den zwei Weltkriegen das Sterbeglöckchen für die Gefallenen erklang. Am 8. Mai 1945 läuteten die Glocken den Frieden ein und er dauert noch nach 65 Jahren sowie für immer. Jährlich am 8. Mai erinnern die alten und neuen Glocken mit ihrem Drei- Klang an einen dauerhaften Frieden!